Inhalt
  1. Was ist das generische Maskulinum?
  2. Kritik an der Verwendung des generischen Maskulinums
    1. Argument der Uneindeutigkeit
    2. Argument der Asymmetrie in Sprache und Denken
  3. Empirische Studien
    1. Freies Konkretisieren
    2. Ja/Nein-Aufgaben
    3. Ergebnisse
  4. Methodische Kritik
  5. Vorschläge für Experimente

3.3 Ergebnisse

In ausnahmslos allen Studien zeigt sich, daß das generische Maskulinum nicht im generischen Sinne verstanden wird. Bei Verwendung der generischen Form werden Frauen in ja/nein-Experimenten in der überwiegenden Zahl der Fälle zurückgewiesen, die freien Konkretisierungen sind in weit über 50% der Fälle männlich.

Diese Ergebnisse lassen es als sehr unwahrscheinlich erscheinen, daß das generische Maskulinum im generischen Sinne verstanden wird. Auch in den wenigen Untersuchungen, in denen Reaktionszeiten auf ja/nein-Antworten erhoben wurden, zeigt sich, daß bei Verwendung des generischen Maskulinums ja-Antworten auf die Frage ,,Frau?" langsamer gegeben werden als ja-Antworten auf die Frage ,,Mann?".

Der Vergleich des generischen Maskulinums mit alternativen Formulierungen zeigt, daß die Abweichungen von der Erwartung, wenn auch nicht immer ganz verschwinden, so doch wesentlich geringer ausfallen. Andere Formulierungen können also Abhilfe schaffen, d.h. sie tragen dazu bei, daß Frauen größere Chancen haben mitgedacht zu werden. Im Englischen sind das z.B. die Formulierungen he or she anstatt he oder ein Verzicht auf die Verwendung des generischen man. Im Deutschen wäre das die gleichzeitige Nennung von maskuliner und femininer Form, z.B. Studentinnen und Studenten.

  • Geschlechtseffekte zeigen sich nur in denjenigen Studien, in denen die Vpn frei konkretisieren durften. Dabei ist erstaunlich, daß die generische Formulierung von Männern spezifischer interpretiert wird als von Frauen, d.h. Männer verneinen häfiger, daß es sich bei der Person in dem Satz un eine Frau handeln kann. Das kann an der unterschiedlichen Lerngeschichte von Frauen und Männern liegen. Männer geraten z.B. nie in Konflikt mit generischen Formulierungen, wenn sie sie spezifisch männlich interpretieren. Auf sie treffen solche Sätze immer zu, wenn sie Mensch = Mann oder generisches Maskulinum=spezifisches Maskulinum interpretieren. Frauen dahingegen müssen hier, zumindest beim Erwerb dieser grammatischen Regel, einen Konflikt erleben, wenn sie mit generisch formulierten Personenbezeichnungen konfrontiert werden und diese spezifisch interpretieren würden. Sie müßten sich automatisch ausgeschlossen fühlen. Diese unterschiedlichen Erfahrungen könnten die Ursache für die vorliegenden Geschlechtsunterschiede im Verständnis generisch maskulin formulierter Personenbezeichnungen erklären.
  • Auch der Kontext hat - soweit es in den entsprechenden Untersuchungen variiert wurde - einen Einfluß auf das Verstehen generisch maskulin formulierter Personenbezeichnungen nur in den Studien, die freie Konkretisierungen verlangen. In einem eher weiblich geprägten Kontext wird das generische Maskulinum dabei generischer interpretiert als in einem eher männlich geprägten oder neutralen Kontext. Auch hier kommen also ganz deutlich Erfahrungswerte zum Ausdruck.

Diese Unterschiede zwischen den freien Konkretisierungen und den ja/nein-Aufgaben bzgl. der Geschlechts- und Kontexteffekte legt die Vermutung nahe, daß durch Personenbezeichnungen eine mentale Vorstellung aktiviert wird, die immer auch das Geschlecht der vorgestellten Person enthält. Bei ja/nein-Aufgaben wird dann, so kann man vermuten, lediglich abgefragt, ob man sich eine Person gleichen/anderen Geschlechts hätte vorstellen können, auch wenn diese nicht dem Geschlecht der vorgestellten Person entspricht.

zurück    vor