Inhalt
  1. Was ist das generische Maskulinum?
  2. Kritik an der Verwendung des generischen Maskulinums
    1. Argument der Uneindeutigkeit
    2. Argument der Asymmetrie in Sprache und Denken
  3. Empirische Studien
    1. Freies Konkretisieren
    2. Ja/Nein-Aufgaben
    3. Ergebnisse
  4. Methodische Kritik
  5. Vorschläge für Experimente

5 Vorschläge für Experimente


Bei Berücksichtigung der unter 3.4 aufgeführten Kritikpunkte an den vorliegenden Untersuchungen unter Berücksichtigung theoretischer Modellvorstellungen können drei Arten von Experimenten konzipiert werden, die diese Schwachpunkte vermeiden. Sie werden in gut bekannten Paradigmen durchgeführt - so sollten die Ergebnisse leichter interpretierbar sein.


1 Satzexperiment
Den Versuchspersonen werden Sätze über Personen dargeboten, und zwar ohne Festlegung des Geschlechts in einem neutralen Kontext mittels generischem Maskulinum. Wird dann in einem letzten Satz eine Frau erwähnt, sollte das zu längeren Lesezeiten für diesen Satz (Reaktionszeiten) führen als wenn im letzten Satz auf einen Mann referiert wird. Beispiele:

  • Eine Gruppe von Menschen diskutiert ein Problem. Als die Lösung gefunden ist, gehen die Frauen/Männer auseinander.
  • Ein Arzt muß immer vertändnisvoll sein. Frau/Herr Dr. XY erfüllt dieses Kriterium.

2 Primingexperiment
Vor dem Hintergrund von Netzwerkmodellen des semantischen Gedächtnisses kann geprüft werden, ob sich größere Primingeffekte für Mann/Mensch zeigen als für Frau/Mensch. Zusätzlich könnte geprüft werden, ob das Priming nur in eine Richtung vorhanden ist, d.h. Frau primt Mann, aber Mann primt nicht Frau.

Wenn der Mann der prototypische Mensch ist, sollte das Wort "Mensch" das Wort "Mann" primen, aber nicht das Wort "Frau".

Wenn das generische Maskulinum dazu führt, daß defaultmäßig das Konzept Mann aktiviert wird, dann sollten entsprechend formulierte Personenbezeichnungen das Konzept Mann primen, aber nicht das Konzept Frau.

3 Problemlöseexperiment (Bitte lesen Sie zuerst die Beispielgeschichte!)

Den Versuchspersonen wird eine Geschichte vorgegeben, in der das Geschlecht der Hauptperson nicht explizit erwähnt wird. Die Geschichte muß so konstruiert sein, daß sie nicht verstanden werden kann, wenn defaultmäßig an einen Mann gedacht wird. Nur wenn die Versuchsperson der Hauptperson das Geschlecht "weiblich" zuordnet, ist alles klar. Solch eine Geschichte kann man z.B. unter Ausnutzung von Verwandtschaftsverhältnissen konstruieren.

Wenn das generische Maskulinum spezifisch, d.h. maskulin, verstanden wird und von der Versuchsperson ein mentales Modell gebildet wird, in dem die Haptperson ein Mann ist, dann sollte derjenige Satz der Geschichte, der zu einem Konflikt führt, längere Lesezeiten erfordern als ein Satz, der in Einklang mit dem mentalen Modell steht. Oder - wie in der Beispielgeschichte - sogar dazu führen, daß die Geschichte gar nicht verstanden wird.

Wenn unsere Sprache einen generellen "male-bias" hat, dann sollte sich dieser Effekt auch dann zeigen, wenn ganz einfach von Menschen gesprochen wird. Ein solches Experiment könnte so aussehen, daß in mehreren Sätzen von Menschen ganz allgemein gesprochen wird, bevor dann im letzten Satz von einer Frau/einem Mann die Rede ist. Auch hier würden sich dann wieder für die Geschichte mit der Frau als Hauptperson längere Lesezeiten im letzten Satz ergeben als für die Geschichte mit dem Mann.

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